Interview mit Barbara Kranz

Meist trägt sie eine rotblonde Tolle auf dem Kopf, ein bisschen wie Elvis, manchmal fällt das Haar aber auch in weichen Wellen wie bei Rita Hayworth. Mal ist sie fast ein bisschen brüsk, dann wieder hochsensibel, tough und direkt, zart oder hart. Die Schmuckdesignerin Barbara Kranz ist ganz unterschiedlich zu erleben. Sie ist eine Kämpfernatur von Kindheit an. Ihrer weichen Seite und der zarten Seele gibt sie in ihrem Schmuck den vollendeten Ausdruck.

Barbara Kranz, wo hat Ihre Faszination für Schmuck begonnen?

Meine Mutter ist Schneiderin. Ich habe es geliebt, ihre vielen Knöpfe nach Größe und Farbe zu sortieren, dann die Ordnung wieder durcheinander zu bringen und sie neu, zum Beispiel in Farbabstufungen, zusammenzulegen. Wenn ich heute Steine und Perlen kombiniere, ist das ein ganz ähnliches „Spiel“. Der erste Schmuck, den ich gemacht habe, war dann auch tatsächlich ein Paar Ohrringe aus Knöpfen.

Sie kommen aus Lübeck, sind aber schon mit 16 das erste Mal nach Berlin gekommen. Was hat Sie fasziniert?

Berlin, London, New York, das sind meine Städte. Ich bin eine Ausreißerin. Ich wollte etwas erleben und habe immer rebelliert gegen Regeln, denen ich misstraut habe – und das waren die meisten. Berlin war die nächste große Stadt, ich hatte eine Freundin hier, also nichts wie hin. Schmuck habe ich dann aber in New York für mich entdeckt, Strassbroschen aus den Fünfzigern, die ich in Berlin verkauft habe. Das war das Schlüsselerlebnis zu meiner eigenen Kollektion.

Gibt es den typischen RIO-Stil?

Der Umgang mit Farben, die Farbigkeit überhaupt, ist sicher etwas, was RIO-Schmuck ausmacht. Mein Schmuck ist dekorativ und schmückend. Er ergänzt ein Outfit perfekt und wertet es auf. Typisch ist tatsächlich auch, dass wir unsere unterschiedlichen Kundinnen sehr individuell bedienen können. Und immer wieder werden sie später auf unseren Schmuck angesprochen. Diese Rückmeldung freut uns natürlich besonders. Und noch etwas: Bei uns gibt es den „Ab 17:00 Uhr Ohrring“. Damit meine ich Schmuck mit dem besonderen Glamour, in den sich unsere Kundinnen oft ganz spontan verlieben.

Seit über zwanzig Jahren gibt es RIO, Sie haben immer noch das gleiche Ladengeschäft. Die Stadt hat sich aber sehr verändert. Wie erleben Sie das?

Ich bin glücklich darüber. Ich und RIO haben uns mitverändert, und Berlin hat einen Riesenschritt in Richtung Zukunft gemacht. Für mich ist es jetzt immer wieder amüsant, wenn junge Stylistinnen zu mir kommen, die gehört haben, dass es in Charlottenburg einen tollen Schmuckladen gibt. Für die ist das dann oft der erste Schritt aus Mitte raus. Und sie entdecken: Der Westen lebt!

Wie gelingt Ihnen das, die Trends rechtzeitig zu erkennen, dieses Am-Puls-der-Zeit-Bleiben?

Ich sehe viel, reise viel, informiere mich, natürlich spielt Erfahrung auch eine Rolle. Und dann sind meine jungen Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen ein wichtiger Faktor. Ihr Blick auf meine Vorschläge ist ein gutes Barometer, und ich freue mich immer, wenn ich sie überraschen kann. Es ist für mich ganz lustig, ich werde älter, aber meine Mitarbeiterinnen sind immer im gleichen Alter. Wir ergänzen uns prächtig.

Wenn Sie eine Kollektion entwerfen, woran denken Sie?

Es gibt zwei RIO-Kollektionen im Jahr, die ich auf Messen präsentiere und die Einzelhändler kaufen. Beim Entwerfen folge ich meinem Gefühl und meiner Inspiration und weiß um die Bedürfnisse meiner Kundinnen. Das heißt für mich natürlich, ich biete den Schmuck an, der die aktuelle Mode ergänzt. Etwa lange Ketten, wenn die dran sind. Andererseits sind meine RIO-Kollektionen immer auch der Zeit schon etwas voraus. Das fasziniert natürlich gerade besonders modebewusste Kundinnen.

Hat sich die Branche verändert?

Ja, sie ist schnelllebiger geworden. In vielen Projekten ist wenig Herzblut. Das ist aber nicht RIO, bei all meinem Hang zur Rebellion und zum Ausbrechen, mache ich das, was ich mache, mit ganzem Herzen. Und das macht auch meinen Erfolg aus.

Vielen Dank!
Nikolas Feireiss.
Zeitgeist Kommunikation